Der große Süßigkeiten-Test
Aus den 70ern wieder frisch auf dem Tisch...

 

 

 

 

Kennt Ihr das heimelige Gefühl, das einem unweigerlich den Bauch füllt, wenn man nach langer Abwesenheit mal wieder zuhause ist und Mutti das Lieblingsessen auf den Tisch zaubert?
Genauso erging es mir diesen Sommer, als Langnese neben dem "Braunen Bär" das "Dolomiti"-Eis aus der Mottenkiste holte. Zwar ohne künstliche Farb- und Aromastoffe, die das Geschmackserlebnis halb so spannend gestalteten wie damals, Anfang der Siebziger, aber immerhin. Und auch "Albrecht Delikatessen", im Volksmund verächtlich ALDI genannt, hielt an der Tradition fest, jeden Sommer mit Ahoi-Brausepulver in Tüten und Brocken zu versüßen.

Nach der Entdeckung der Rave-Generation, daß die Siebziger und bunte Schlaghosen cool, Ahoi-Brause und Afri-Cola noch cooler sind, war es nur eine Frage der Zeit, bis unsere Kindheitserlebnisse von frühem Kariesbefall und verklebten Mäulern recycelt wurden.
Recht schnell etablierten sich so süße Sachen wie quietschgrüne Getränke in Tradition der Waldmeistergesöffe; Sunkist brachte endlich, endlich wieder die Dreiecks-Pakete dünner Brause heraus und "Orangina-Brause" - nur echt mit dem Orangen-Bauch - ist auch kein seltener Import mehr.

Hmmm, lecker!

Langweiler, die sich Katjes oder Haribo zwischen die Plomben quetschen, sind doch von gestern. Nie haben sie den Pioniergeist verspürt, der in einem hochkreicht, wenn es darum geht, die wohl ausgefallensten "Süßwaren" zu ergattern, die je das Licht der Welt erblickt haben.
Potentielle Fanggebiete sind komische Kioske, vorzugsweise auf dem Lande oder in Kleinstädten, die seit 15 Jahren steif am Trend der Süßwarenindustrie vorbeiziehen. deshalb haben sie immer noch kleine Sallos-Lakritze für einen Pfennig das Stück und immer noch nur das "Tutti-Frutti" -HubbaBubba- Kaugummi. Die restliche Produktpalette ist spurlos an ihnen vorbeigezogen.
Die angesagten Sachen bekommt man - natürlich - auch auf angesagten Parties in angesagten Großstadtdiskos.

Aber viel mehr lockt den Glukose-Freak der einsame Edeka-Markt um die Ecke, der plötzlich Sortimente von "Zauberbällen" und super sauren Lollies hervorkramt, unwissend, daß er damit einen Trend bedient.
Glücklich standen auch wir mit einem Arm ungenießbar wirkender Kaugummi, Bonbons, Lollies und dergleichen vor der Kasse eines Kleinstadtmarktes und testeten für Euch die komischten Dinge. Karies mit eingeschlossen!

Der Klassiker und Langweiler unter unseren Testkandidaten. Mittlerweile gefärbt mit natürlichen Fruchtauszügen und gesüßt mit Süßstoffen, klebt und pappt er wie ehedem am Gaumen.
Peinlich berührt kratzt man sich mit dem Zeigefinger in einer unbeobachteten Minute den Schleim aus dem Mund und befindet, daß Papier wirklich nur zum Schreiben taugt...
Neben Catherine Deneuve der zauberhafteste Export, den Frankreich anzubieten hat.
Die Schummelpackung heißt zwar "Hollywood", wird von Kraft Jacobs Suchard hergestellt, gibt es aber leider nur in Frankreich. Das beste Erdbeerkaugummi, das jemals geklebt wurde.
Prall und saftig im Geschmack macht es supersüchtig. Leider nicht blasentauglich, dafür kriegt man damit jeden/r rum: "Möchtest Du auch ein Erdbeerkaugummi?" ist die zauberhafteste Anmache seit des Augenaufschlags.
Frigeo sagt nicht nur "Ahoj", sondern braust auch mit einem Traubenzucker-Lolli herum, der Dextro-Energien zu den Knoblauchpillen der BWLer macht.
Eine babyrosa Verpackung und ein Stiel zum Festhalten sorgen für ein zuckersüßes Vergnügen. Ein wenig sehr parfümiert, aber das hat wenigstens noch den Flair der giftigen Siebziger!
Geballter Konzentrations-Zucker in seiner schönsten Form.
Der Horror aller Eltern: die Lollies und bunten Kaugummi-Bälle, die es in einer verschweißten Zehner-Packung an der Kasse gab. Wie lange Fangarme hingen dort die Schleck-Lollies und ihre giftgrünen und -roten Schwestern und Brüder und machten uns johlen: "Bitte, Mami, darf ich? BITTE!".
Jetzt ist es uns wurscht, ob uns eine höhere Macht diese Dinger sponsort und wir schlecken genüßlich, die niedlichen Comicfiguren betrachtend, mit einem tumb-glücklichen Gesichtsausdruck am Lutscher mit Kirsch-, Cola- Orangen- oder Zitronengeschmack.
Keiner schmeckt kaugummiger: der 10-Pfennig-Kaugummi mit wechselnden Namen und immer mit kleinen Comicbildern oder Aufklebern im Innenleben.
Der typische undefinierbare Bubble-Gum-Geschmack verbreitet einen Schwall von Speichel, läßt aber nach höchstens 10 Sekunden wieder nach.
Danach verklumpt der blaßrosane Gummi zu einem harten, geschmacklosen Klumpen, der dem Namen "Plombenzieher" alle Ehren macht.
Lieber schnell ausspucken...
Endlich wieder da! Das poppende Süßmaul!
Knallendes Pulver und sprenkelnde Klümpchen, das absolute Sinn-Erlebnis. Damals explodierte noch Brausepulver im Mund, heute haben die Tüftler der Süßwarenindustrie Kaugummi in die kleinen Bomben gepackt.
Ich kenne nichst Schöneres, als mit einem brodelnden Mund in der U-Bahn zu sitzen und frapierten Leuten ins Gesicht zu lächeln. Und dabei knallt es erst richtig laut!
Klar kann man sich Glück erkaufen, daß wusste ich schon immer.
Eine Rolle bunter Brausetaler, einem riesengroßen Ecstasy nicht unähnlich, für ca. eine Mark. Sehr lecker, aber leider, wie bei allem Brauseprodukten, verätzt zu langes Lutschen die Zunge.
Danach darf man dann tagelang keinen Orangensaft mehr trinken, weil das dann brennt.
Aber wir haben es ja so gewollt.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand erdreisten würde, die unverwüstlichen Tic Tacs nachzumachen.
Natürlich schmecken die "Fresh In" weder in Erdbeer, noch in Orange ähnlich fruchtig wie ihre Vorbilder.
Doch haben sie etwas, was wir uns alle von Zeit zu Zeit wünschen: einen Prickelcenter. Knackig mit Brause gefüllt vertröstet der ein wenig über die lasche Geschmacksrichtung hinweg.
Lippenstifte, die garantiert abfärben, sind ein Übel. Diese hier färben die Zunge kreischrot und zudem kann man die Brausestange, die sich in dem Stift verbirgt, auch wieder zuklipsen, wenn man keine Lust mehr aufs Schlecken hat.
Der Traum aller kleinen Mädchen der frühen Siebziger: an den Kiosk gehen, und sich für 20 Pfennig einen Lippenstift kaufen. Herrlich.
Besser als alle doofen Techno-Lollies ("Chupa-Chups"), die die Zungen blau oder grün färben, sind die beiden Klassiker der Lutscher-Generation: der Lakritz-Lolli und der Brause-Lolli. Beide sehen gleich aus, tauschen nur quietschrosa gegen schwarz. Noch lakritziger schmecken eigentlich nur die Katjes-Kindern und noch brausiger schmeckt überhaupt nichts.
Der Brause-Lolli schmeckt nach allem, was eine süße Kindheit und ein sonniger Tag verheißen. Die Füllung prasselt meist schon aus kleinen Ritzen und Löchern, ehe man sie ganz erreicht hat, weshalb der kleine süße Freund den Eindruck eines fremden Planeten erweckt, auf dem gerade ein Vulkanausbruch im Gange ist.
Das Beste, was es für 20 Pfennig auf der Welt zu kaufen gibt!