Zensur im Internet




Zensur im Internet

Nachdem in den USA ein neues Gesetz veröffentlicht wurde, schlagen die Wellen dort hoch, besonders im Internet. Das neue Gesetz bestraft Veröffentlichungen im Internet, die einen nackten Körper oder einen Text, der mit Sex zu tun hat, für Jugendliche unter 18 Jahren zugänglich machen, mit einer Geldstrafe von bis zu $250,000 und bis zu 5 Jahren Gefängnis (Vergewaltiger kommen mit weniger davon)
(Quelle: Gordo´s hole)
Dazu kommt, daß bei einer generellen Zensur (wie bei Compuserve die Sperrung aller News-Gruppen mit Sex im Titel) gute Themen wie anonyme Hilfe für mißhandelte Frauen/Männer, Aufklärung, Erziehung und medizinische Diskussionen ebenfalls zensiert werden.

Als Reaktion auf das Gesetz wurden neue Initativen gegründet ( wie z. B. Blue Ribbon - Freiheit im Internet), um den Protest zu bündeln, Internetseiten aus Protest schwarzgefärbt oder teilweise ganz geändert (von wegen Nacktbilder und so in Gordo´s hole). Hier findet Ihr den gesamten Gesetzestext (Telecommunications Act, englisch). Ob das deutsche Telekommunikationsgesetz sowas auch vorsieht, weiß ich leider nicht.

Mein Kommentar:
Von Gewaltdarstellung ist bei dem Ganzen nicht die Rede - der Tod ist ja auch anständig, blutüberströmmte Menschen stören ja nicht das sittliche Anliegen des Menschen.
Ich finde das wesentlich schlimmer als die Darstellung von nackten Körpern oder gar von Geschlechtsverkehr.
Warum soll eigentlich das Ansehen von Aktbildern verhindert werden, wenn man in jedem Bahnhof und an vielen Kiosken, ja sogar in der Werbung und in normalen Zeitschriften nackte Menschen zu Gesicht bekommt?
Ich bin wie wohl die meisten gegen Kinderpornographie, da Kinder sich nicht wehren können.

In anderen Bereichen wie Sado-Maso kann man zum Beispieleinen eingeschränkten Zugang akzeptieren, da Sex ja in erster Linie etwas Schönes sein soll und Kinder wohl kaum Schmerzen mit Genuß verbinden können. Aber was an Akt-Bildern oder erotischen Geschichten schlecht sein soll oder Kinder verdirbt, ist mir ein Rätsel.
Anstatt Sex zu verteufeln (und 95% der Netzsurfer den Zugang zu verweigern), könnte der Staat ja Programme wie Surfwatch finanziel unterstützen und für eine kostenlose Verbreitung und Pflege dieser Software sorgen, so daß alle Eltern und Schulen und alle Rechner, die für unter 18-jährige offen sind, einen Zugriff auf erotisch/pornographische Seiten verhindern. Und der Rest kann sich den "Schweinekram" ansehen.
Deswegen sollten solche Gesetze verhindern oder boykottiert werden (jedem sein Aktbild - oder ein anderes - auf seine Homepage!).

Marc Jelitto






Digitale Literatur zu Sex und Zensur im Internet:

c´t-Artikel über Mailboxen und Zensur
Rheinische Post
Fragebogenaktionsergebnis der SPD
Amerikanische Internetseite über Buchzensur, mit Verbindungen zu Originalen, auch zu zensierter erotischer Literatur.






Zensur - wie alles begann

CMU Censorship Die Universität von Carnegie Mellon ist Produzent einer Studie über Pornographie im Internet (Pornography on the Information Superhighway), mit der eine Schlammschlacht gegen das Internet begann. Der auslösende Artikel im Time Magazine benutzte die umstrittene Universitätsstudie für Mutmaßungen über den "Pornosumpf Internet". Nach kurzer Zeit jedoch entlarvte das Time-Magazine die Studie als inkompetent und nahm seine Behauptungen zurück.
Ein Artikel im Hotwired Magazin richtet sich auf typisch bös-englische Art gegen die Internet-Hetze, die durch den Time-Artikel entstand. Auch deutsche Zeitschriften druckten die Behauptungen des Time-Magazines kommentarlos ab und riefen einen heißen Schwall politischen Geblubbers auch in Deutschland hervor.

Der Anfang von Zensurbestrebungen in Deutschland:

Röttger, Bernd: Aufruhr im Netz. Die Sperrung von 200 Newsgroups im Internet bringt die User gegen Deutschland auf.
Hamburger Abendblatt vom 13/14 Januar 1996, Seite 5.
Nach deutschen (natürlichen bayrischen) staatanwältischen Drohungen sperrt Compuserve alle Nachrichtengruppen mit Sex im Titel.

Genaueres zu diesem Thema:
Hagedorn, Andreas. Der Fall Compuserve. Zugriff in der Grauzone.
Internet-Magazin 3.96. S. 14-16.

Marc Jelitto